Der Tagesspiegel berichtet: „Es braucht mehr Täterarbeit“: Iris Spranger besucht Frauentreff in Berlin-Marzahn

von Kiezreporterin Julia Schmitz

Ursprünglich veröffentlicht auf tagesspiegel.de.

Das Frauenzentrum Hellma bietet mehrsprachige Beratung für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. An die Politik haben die Mitarbeiterinnen klare Forderungen.

Insgesamt 276 Menschen wurden 2023 Opfer von häuslicher Gewalt – zumindest sind das die Fälle, die bekannt geworden und in die offizielle Statistik eingegangen sind. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher. In 70 Prozent der Fälle sind es Frauen, die Gewalt erfahren; 155 wurden von ihrem Partner oder Ex-Partner im vergangenen Jahr getötet.

Migrantisch geprägter Bezirk

Umso wichtiger ist deshalb, dass es ausreichend Beratungsstellung zum Thema häusliche Gewalt gibt. „In Sachen Beratungsangeboten ist Marzahn-Hellersdorf vorbildlich“, sagt Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Am Freitag besuchte sie den Frauentreff „Hellma“ auf der Marzahner Promenade, um mit den Mitarbeiterinnen über die Lage vor Ort zu sprechen.

Marzahn-Hellersdorf ist ein migrantisch geprägter Bezirk, hier leben viele Menschen aus Russland, der Ukraine, aus Vietnam und arabischen Ländern. Viele Frauen kämen gar nicht in den Frauentreff, um über Gewalterfahrungen zu Hause zu reden, erzählt Teamleiterin Tetiana Goncharuk; dass es die gebe, stelle sich aber im Gespräch meistens schnell heraus.

„Damit sind es allein die Frauen, die sich aktiv um ihren eigenen Schutz kümmern müssen“, sagt Iris Spranger. Sie fordert deshalb nicht nur mehr Täterarbeit, sondern unterstützt auch das Vorhaben, gewalttätig gewordenen Männern Fußfesseln anzulegen. Nähern diese sich trotz Kontaktverbot ihrer Ex-Partnerin, werde diese per Funk oder Handy gewarnt. Femizide, also die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts, sollen so verhindert werden.

Fußfesseln und Fallkonferenzen

Auch Fallkonferenzen müssten dringend stattfinden, so Spranger; also Besprechungen, in denen alle involvierten Behörden und die Polizei gemeinsam über einen konkreten Fall häuslicher Gewalt beraten und später bei ihren Maßnahmen nicht gegeneinander arbeiten.

Das Frauenzentrum Hellma wird allein aus Mitteln des Bezirksamtes finanziert. Diese kommen dann an ihre Grenzen, wenn es um die Aufstockung des Personals oder um die Verlängerung der Öffnungszeiten gehe. „Ein Großteil der Gewaltfälle passiert abends oder am Wochenende. Manchmal fliehen die Frauen in Hausschuhen aus der Wohnung und stehen bei uns vor der Tür, wenn wir gerade schließen wollen“, sagt Tetiana Goncharuk. Denn häusliche Gewalt macht keinen Feierabend.

Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen

Am 25. November findet der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen statt. Er widmet sich einem Ziel, das heute so wichtig ist wie nie und das wir nur mit dem gemeinsamen Einsatz als gesamte Gesellschaft erreichen können, in der Politik, Verwaltung und Medien ebenso wie in den Schulen, Familien und in der Nachbarschaft.

Erst vor wenigen Wochen wurde hier bei uns in Marzahn eine Frau und ihre beiden kleinen Kinder tot aufgefunden, mutmaßlich ermordet vom inzwischen festgenommenen Lebensgefährten der Frau und Vater der gemeinsamen Kinder.

So dramatisch und erschütternd dieser Vorfall ist, es handelt sich nicht um einen Einzelfall: Fast jeden Tag stirbt eine Frau in Deutschland durch Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners. Alle drei Minuten wird eine Frau Opfer von häuslicher Gewalt. Gerade hat das BKA einen erneuten Anstieg der Gewaltdelikte gegen Frauen festgestellt, dazu kommt ein sehr hohes Dunkelfeld. Häufig müssen auch die Kinder der Frauen unter der Gewalt leiden.

Unsere Aufgabe ist es, geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern, die Sicherheit betroffener Frauen bestmöglich zu erhöhen und Gewalttäter zur Rechenschaft zu ziehen. Berlin verpflichtet sich mit dem Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul Konvention zur konsequenten Bekämpfung und Verhütung von Gewalt gegen Frauen. Wir setzen beispielsweise schon bei der Ausbildung der zukünftigen Polizist*innen an: So sind seit einigen Jahren Opferschutz, Häusliche Gewalt, Stalking und Polizeiliche Prävention Teil des verbindlichen Lehrplans an der Berliner Polizeiakademie.

Bei meinem nächsten Stadtteiltag am 6. Dezember werde ich die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Häusliche Gewalt des Vereins MIM e. V. besuchen und mir persönlich ein Bild von ihrer täglichen Arbeit und ihren Herausforderungen machen. Telefonisch und in der Beratungsstelle am Eastgate wird Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, ein sicherer Raum und professionelle Hilfe angeboten, auf Wunsch auch anonym. Das Team begleitet die Frauen zudem zu Terminen vor Gericht oder bei Behörden. Ich lade Sie herzlich ein, mich zu begleiten. Um vorherige Anmeldung wird gebeten, unter iris.spranger@spd.parlament-berlin.de.

Bild: Pixabay

Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie von Häuslicher Gewalt betroffen sind:

Beratungsstelle Häusliche Gewalt in Marzahn des Vereins MIM e. V.

Beratungsstelle Eastgate
Marzahner Promenade 1
12679 Berlin
(Eastgate, Eingang S-Bahn Brücke 1.OG neben dem Fahrstuhl)

Telefon: 030 / 5425057
        0176 / 14833996 (Whatsapp)
Mail: beratung@mimev.de

Telefonische Erreichbarkeit:
Mo-Fr | 10.00-17.00 Uhr

Webseite: http://mimev.de/bhg

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“

Die Rufnummer: 116 016 ist 24-stündig anonym, kostenfrei, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen verfügbar.

BiG Hotline, 611 03 00

Die Hotline bietet von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr täglich ein telefonisches Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebot (anonym) für Frauen und deren Kinder, die von männlicher Gewalt betroffen sind.

Fraktion vor Ort mit Iris Spranger, MdA am 6. Dezember 2024

Ich freue mich sehr auf meinen nächsten Stadtteiltag, der dieses Mal an Nikolaus stattfindet, dem 6. Dezember. Ich lade Sie herzlich ein, uns bei dem Besuch der Beratungsstelle Häusliche Gewalt von MIM e. V. zu begleiten oder zu einem Gespräch in meiner offenen Bürgersprechstunde vorbeizukommen.

Schluss mit Gewalt gegen Frauen

Alle drei Tage wird eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist. Jede vierte Frau in Deutschland erlebt häusliche Gewalt. Die Zahl der Opfer steigt seit Jahren. Das zeigt, wie wichtig es ist, Frauen vor Gewalt zu schützen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt und Sexualdelikten in Berlin ist 2022 gestiegen. Laut Polizeistatistik wurden sieben Prozent mehr Frauen zu Hause misshandelt und neun Prozent mehr sexuell belästigt oder vergewaltigt als im Vorjahr. Die Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind in Berlin fast immer weiblich (88,9 Prozent), die Täter fast immer männlich (92,6 Prozent).

Diese schockierenden Zahlen habe ich in meiner Funktion als Berliner Innensenatorin und Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK) anlässlich des „Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ vorgestellt. Dazu waren 200 Expertinnen und Experten, darunter viele Vertreterinnen und Vertreter von Beratungsstellen und Initiativen aus Deutschland und Österreich, zu einer Konferenz in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eingeladen, um über innovative Lösungsansätze im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen zu diskutieren.

Gemeinsam gegen häusliche Gewalt

Um Gewalt gegen Frauen zu stoppen, setzen wir unter anderem die Istanbul-Konvention konsequent um. Wir überarbeiten das Berliner Polizeirecht, um Opfer besser zu schützen. Wir fördern 14 Projekte zur Gewalt- und Kriminalprävention im Kiez. Wir finanzieren ein Beratungszentrum zum Schutz vor Gewalt in Familien, und wir bauen eine App für Betroffene auf. Wichtig ist auch die enge Vernetzung der Initiativen. Außerdem werden Polizeibeamtinnen und -beamte im Rahmen ihrer Ausbildung und bei Fortbildungen verpflichtend für dieses Thema sensibilisiert.

Die geladenen Expertinnen und Experten, unter ihnen die Berliner Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik, die BKA-Vizepräsidentin Martina Link, die Anwältinnen und Rednerinnen Christina Clemm und Asha Hedayati, betonten, wie wichtig Prävention und innovative Ansätze sind, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Für die Gleichstellungsverwaltung stellte Staatssekretärin Micha Klapp die Maßnahmen des Senats vor, insbesondere den Berliner Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, den das Abgeordnetenhaus im Oktober 2023 verabschiedet hatte.

Ich bin überzeugt davon, dass wir die Ursachen von Gewalt an der Wurzel packen müssen. Wir gehen neue Wege, um Frauen zu stärken und zu schützen. Wir müssen die gesellschaftliche Akzeptanz von Gewalt senken und die Gesellschaft für das Problem sensibilisieren. Der Kampf gegen häusliche Gewalt ist eine gemeinsame Aufgabe des Senats und der gesamten Zivilgesellschaft, für den ich mich bereits seit vielen Jahren auch als Abgeordnete eingesetzt habe.

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Die Notruf-Hotline des Vereins BIG e.V. bietet betroffenen Frauen Hilfe an unter 611 03 00

Die Nummer ist täglich von 8:00 bis 23:00 Uhr erreichbar.